Erbrecht bei Immobilien – Eine Einführung
Wer Immobilien vererben möchte, kann durch einen Erbvertrag oder ein Testament bereits zu Lebzeiten bestimmen, in wessen Hände das eigene Haus oder die Wohnung übergehen sollen. Doch welche Rolle spielt die gesetzliche Erbfolge im Erbrecht, welche Unterschiede bestehen zwischen einem Erbvertrag und einem Testament und wer hat Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe? Im nachfolgenden Artikel finden Sie Antworten auf alle wichtigen Fragen zum Thema Erbrecht mit Bezug zu Immobilien.
1. Das Erbrecht
Das Erbrecht ist in Deutschland im Grundgesetz verankert. Es zählt also zu den Grundrechten. Der größte Teil der Erbangelegenheiten ist aber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, vor allem für den Fall, dass kein gültiges Testament vorhanden ist.
Das Erbrecht enthält Regelungen darüber, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält oder anteilig erhalten muss.
Anmerkung
Nicht nur das Vermögen, auch die Verbindlichkeiten eines Erblassers werden an die Erben weitergegeben. Dieses Prinzip nennt man Gesamtrechtsnachfolge.
Der Erblasser kann noch zu Lebzeiten durch eine letztwillige Verfügung beeinflussen, wer Erbe wird und wie das Erbe aufgeteilt wird. Eine letztwillige Verfügung kann entweder ein Testament oder ein Erbvertrag sein.
2. Gesetzliche Erbfolge im Erbrecht
Die gesetzliche Erbfolge regelt die Rechtsnachfolge, wenn es keine letztwillige Verfügung der verstorbenen Person gibt, diese nicht wirksam ist oder erfolgreich angefochten wurde. Auch wenn der testamentarisch eingesetzte Erbe das Erbe ausschlägt, greift die gesetzliche Erbfolge.
2.1 Wie ist die gesetzliche Erbfolge geregelt?
Als gesetzliche Erben werden im BGB enge Verwandte, Ehegatten von Erblassern, sowie der Staat definiert. Der Staat erbt nur dann, wenn ein Erblasser niemanden sonst als Erben eingesetzt hat und es keine anderen gesetzlichen Erben gibt.Die gesetzlichen Erben sind in Erben unterschiedlicher Ordnungen eingeteilt.
Ordnung | Personengruppe |
---|---|
Erben 1. Ordnung | Kinder und Enkelkinder¹ |
Erben 2. Ordnung | Eltern und Geschwister, sowie die Kinder der Geschwister¹ |
Erben 3. Ordnung | Großeltern, Tanten und Onkel und deren Kinder¹ |
¹Die Kinder eines Erben (nicht Erblassers), erben nur dann, wenn ihre Eltern bereits verstorben sind.
Erbrechtlich geregelt ist, dass nur die Erben einer Ordnung erben. Gibt es also Erben erster Ordnung, wird das Erbe vollständig unter ihnen aufgeteilt. Erst, wenn es keine Erben erster Ordnung gibt, wird das Erbe unter den Erben zweiter Ordnung aufgeteilt.
Eine Ausnahme bilden überlebende Ehegatten oder Lebenspartner. Sie gehören quasi zu keiner Ordnung und erben immer anteilig. Das bedeutet konkret: Gibt es Verwandte erster Ordnung, erbt der Ehe- oder Lebenspartner ein Viertel des Vermögens. Gibt es keine Erben erster Ordnung, erben Ehe- und Lebenspartner die Hälfte.
2.2 Wer erbt zuerst? Ehepartner oder Kinder?
Als gesetzlicher Erbe hat der überlebende Ehepartner stets einen rechtlichen Anspruch auf einen bestimmten Teil der Erbschaft. Die Höhe des ihm zustehenden Anteils hängt davon ab, ob es neben ihm noch weitere erbberechtigte Verwandte gibt. Der § 1931 BGB definiert das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten und hält im ersten Abschnitt die Regelung darüber fest, dass der hinterbliebene Ehegatte neben den Verwandten erster Ordnung zu einem Viertel als gesetzlicher Erbe berufen ist, sprich ein Viertel des Erbes erhält. In dem Fall, dass der Verstorbene einen Ehepartner und Kinder hinterlässt, haben auch diese einen rechtlichen Anspruch auf einen Anteil der Hinterlassenschaft. Dementsprechend erben hinterbliebene Ehegatten und Kinder nach der gesetzlichen Erbfolge zum gleichen Zeitpunkt.
Beispiel gesetzliche Erbfolge:
Angenommen eine Frau hinterlässt einen Ehemann und drei Kinder. Als Hinterbliebener Ehegatte bekäme der Ehemann ein Viertel des Erbes seiner verstorbenen Frau. Auf die Kinder (Erben erster Ordnung) würden die restlichen drei Viertel des Erbes aufgeteilt werden. Jedes der drei Kinder bekommt also ebenfalls ein Viertel.
Angenommen eines der Kinder wäre bereits verstorben, hätte selbst aber ebenfalls Kinder, so würde sein Anteil direkt an die Kinder, also die Enkelkinder des ursprünglichen Erblassers, weitergeleitet und aufgeteilt werden.
2.3 Wer erbt wieviel bei gesetzlicher Erbfolge?
Die gesetzliche Erbfolge regelt nicht nur die Rechtsnachfolge, sondern gibt auch die anteiligen Ansprüche der Erben auf die Hinterlassenschaft vor. Wer erbt und welcher Anteil dem Erbenden zusteht, hängt vor allem davon ab, welche Verwandte der Verstorbene hinterlässt. Einen rechtlichen Anspruch auf die Hinterlassenschaft haben zunächst nur die Erben erster Ordnung. Nur wenn es niemanden in dieser Gruppierung gibt, sprich der Erblasser keine Kinder hat, können die Erben zweiter Ordnung, also Eltern, Geschwister und unter Umständen deren Kinder ihre Ansprüche geltend machen. Die Erben dritter Ordnung, hierzu gehören Großeltern, Onkel und Tanten sowie deren Kinder, kommen dementsprechend erst dann zum Zug, wenn der Erblasser weder Verwandte aus der ersten noch aus der zweiten Ordnung hinterlässt. Hier ein Überblick:
Sind Erben erster Ordnung vorhanden, also Kinder (und Enkelkinder) des Verstorbenen, geht die Erbschaft zu gleichen Teilen in ihren Besitz über. Ist eines der Kinder des Erblassers bereits verstorben, bekommen dessen Kinder (wenn vorhanden) den ihm oder ihr zustehenden Anteil der Hinterlassenschaft.
Wenn der Erblasser keine Kinder (oder Enkelkinder) hinterlässt, sind die Erben zweiter Ordnung an der Reihe der gesetzlichen Erbfolge: Zu gleichen Teilen erben die Eltern des Erblassers oder, wenn auch diese nicht mehr am Leben sind, seine Geschwister.
Die Erben dritter Ordnung, also die Großeltern, Tanten und Onkel und deren Kinder, erben nur dann, wenn keine Erben der vorherigen Ordnungen vorhanden sind.
Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang die Sonderstellung eines hinterbliebenen Ehepartners zu berücksichtigen. Hinterlässt der Verstorbene einen Ehegatten, verändert sich aufgrund seines rechtlichen Anspruchs auf einen Anteil der Hinterlassenschaft die prozentuale Verteilung der Erbschaft.
2.4 Wie viel Prozent beträgt der gesetzliche Erbteil?
Der gesetzliche Erbteil bezeichnet den Anteil am Nachlass, den eine erbberechtigte Person nach der gesetzlichen Erbfolge erhält. Wie im vorigen Absatz erläutert gibt das Gesetz grundlegende Regelungen für gesetzliche Erbteile vor. So erbt zum Beispiel der überlebende Ehegatte in der Regel 25 Prozent des Nachlasses, wenn neben ihm Erben erster Ordnung, also Kinder des Erblassers, vorhanden sind. Die restliche Erbschaft (also die verbleibenden 75 Prozent) wird zu gleichen Teilen an die Kinder übergeben. In dem Fall, dass der Verstorbene keine Kinder hinterlässt, stehen dem Ehepartner in der Regel 50 Prozent der Hinterlassenschaft zu. Die anderen 50 Prozent gehen dann an die Erbberechtigten aus der zweiten beziehungsweise, falls dort keine Erben vorhanden sind, an die Erben aus der dritten Ordnung über. Je nach Hinterbliebenen-Situation wird die restliche Erbschaft unter ihnen aufgeteilt. Die einzelnen Prozentsätze der gesetzlichen Erbteile hängen also von der individuellen Familienkonstellation ab und können dementsprechend stark variieren.
Tipp: Da die Verteilung einer Erbschaft ein äußerst komplexes Thema darstellt, das durch die individuelle Situation der Hinterbliebenen und durch weitere erbrechtliche Faktoren, wie Pflichtteile, Testamente oder Erbverträge, beeinflusst wird, lohnt es sich, professionellen Rat einzuholen. Ein auf Erbrecht spezialisierter Anwalt oder Notar kann Sie umfassend zu diesem Thema beraten und ihnen bei der Ermittlung von Erbteilen zur Seite stehen. So können Sie Missverständnissen oder Konflikten im Erbfall vorbeugen.
3. Testament und Erbvertrag
Wer mit der gesetzlichen Erbfolge nicht einverstanden ist, kann durch ein Testament oder einen Erbvertrag, Einfluss auf die Verteilung seines Nachlasses nehmen. Auch mit Blick auf die Erbschaftssteuer kann es sinnvoll sein, eine gut durchdachte Nachlassregelung zu haben. Ein Testament kann rechtsgültig alleine erstellt werden, solange es handschriftlich vom Erblasser verfasst wurde. Wenn es viel zu vererben gibt oder Immobilien Teil des Vermächtnisses sind, sollte lieber ein Notar hinzugezogen werden. Dann ist sichergestellt, dass das Testament nicht verloren geht und die Verfügungen umgesetzt werden können. Ein Testament kann vom Erblasser persönlich und so oft wie gewünscht verändert werden.
Auch ein Erbvertrag regelt, was mit dem Vermögen einer Person passiert, falls diese stirbt. Der maßgebliche Unterschied zu einem Testament liegt in der Tatsache, dass ein solcher Vertrag bindend ist. Das bedeutet auch, dass nachträgliche Änderungen an der Nachlassregelung, die die Erfüllung der Vertragsbedingungen verhindern, unwirksam sind.Welches Interesse könnte ein Erblasser an so einem bindenden Vertrag haben? Die Nachlassregelung kann an Bedingungen und Auflagen geknüpft werden. So kann zum Beispiel eine Immobilie an eines der Kinder vererbt werden, mit der Auflage, dass dem verwitweten Ehepartner ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt wird.
Wichtig: Der Erbvertrag muss durch den Erblasser höchstpersönlich und in Anwesenheit eines Notars und allen beteiligten Parteien, abgeschlossen werden.
Immobilien in der Nachlassregelung
Insbesondere dann, wenn Immobilien Teil des Nachlasses sind, ist es dringend ratsam eindeutige Regelungen zu treffen. Denn wenn keine Regelungen getroffen werden, kann es durch die gesetzliche Erbfolge dazu kommen, dass eine Erbengemeinschaft entsteht. Solch eine Erbengemeinschaft führt nicht immer, aber durch aus des Öfteren zu Streitigkeiten. Gründe sind dann meistens unterschiedliche Absichten über die Nutzung der Immobilie.
4. Pflichtteil nach Erbrecht – Wie viel muss an wen vererbt werden?
Das BGB sieht eine vollständige Enterbung enger Verwandter nicht vor und sichert nahen Verwandten den sogenannten Pflichtteil, als gesetzliche Mindestbeteiligung, zu. Deshalb sind einige Personen in einem Erbfall pflichtanteilsberechtigt. Dazu gehören Ehegatten, Eltern und die ehelichen, unehelichen und adoptierten Kinder und Enkelkinder eines Erblassers. Die Höhe des Pflichtteils orientiert sich an der Höhe des Erbanteils, der durch die gesetzliche Erbfolge entstehen würde. In Deutschland handelt es sich beim Pflichtteil in der Regel um die Hälfte des durch die gesetzliche Erbfolge vorgesehenen Erbteils. Wenn einer pflichtanteilsberechtigten Person weniger als der Pflichtteil zugedacht wird, hat diese einen Pflichtanteilsergänzungsanspruch.
Pflichtteil und Immobilien
Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch. Das kann bedeuten, dass wenn ein Sachwert, wie zum Beispiel eine Wohnung geerbt wird, der Person die als Erbe eingesetzt wurde, Probleme bei der Auszahlung des Pflichtteils entstehen könnten. Es empfiehlt sich also im Interesse der Erben, als Erblasser darauf zu achten, dass alle Pflichtanteilsberechtigten Personen auch mindestens mit ihrem Pflichtanteil bedacht werden.
5. Wann ist ein Erbschein notwendig?
Ein Erbschein ist ein Nachweis darüber, dass die darin genannte Person tatsächlich rechtsgültiger Erbe eines Nachlasses ist. Insbesondere bei vererbtem Bankguthaben, Schließfächern oder Immobilien und Grundbesitz ist es notwendig einen Erbschein vorweisen zu können.Andere Nachweise können schriftliche Testamente oder Erbverträge sein. Notariell beglaubigte Testamente und Erbverträge haben häufig eine ausreichende Beweiskraft.
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