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Zugewinngemeinschaft − der gesetzliche Güterstand

Ein Brautpaar unterschreibt beim Standesamt: Sie leben nun in einer Zugewinngemeinschaft.Eine Eheschließung ist für jeden Menschen eine Lebensentscheidung, die sich auch auf die Eigentumsverhältnisse auswirkt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird für die Ehe die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand festgelegt. Was darunter zu verstehen ist − zum Beispiel im Fall von Immobilienbesitz − und welche individuellen Entscheidungsspielräume verbleiben, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was bedeutet Zugewinngemeinschaft?

Die vermögensrechtlichen Beziehungen von Eheleuten untereinander werden vom Gesetzgeber als Güterstand bezeichnet. Der gesetzliche eheliche Güterstand ist nach dem BGB die Zugewinngemeinschaft: Wenn Paare eine Ehe eingehen, ohne einen notariell beglaubigten Ehevertrag abgeschlossen zu haben, leben sie vom Zeitpunkt der Eheschließung an in einer Zugewinngemeinschaft.

Solange die Zugewinngemeinschaft besteht, ändert sich für die Ehepartner im Vergleich zur Lebenspartnerschaft vor der Eheschließung nicht allzu viel. Die Vermögen bleiben getrennt. Jeder Ehepartner verwaltet sein oder ihr Vermögen weiterhin selbst und jeder der Partner haftet weiter für eigene Schulden und Verträge.

Die einzige Einschränkung, die der Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit sich bringt: Über das eigene Vermögen als Ganzes kann nur noch mit Einwilligung des Partners verfügt werden (§ 1365 BGB). Hierbei ist jedoch zu beachten:

  • Im Falle einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung darf die Zustimmung zu einer solchen Verfügung nicht grundlos verweigert werden.

  • Eine grundlos verweigerte Zustimmung kann auf Antrag durch die Zustimmung des Familiengerichts ersetzt werden.

Erst nach dem Ende der Zugewinngemeinschaft wird der während der Ehezeit gemeinsam erwirtschaftete Zugewinn, also der Vermögenszuwachs, errechnet und geteilt (Zugewinnausgleich).

Wem gehört was in einer Zugewinngemeinschaft?

Während der Ehe gehört das Vermögen der Partner wie bei der Gütertrennung den Eheleuten jeweils allein. Wird Vermögen gemeinsam erworben, etwa in Form einer Immobilien, bei dem beide Partner im Grundbuch als Eigentümer eingetragen werden, gehören jedem der Partner 50 Prozent.

Wann endet die Zugewinngemeinschaft?

Bei einer Scheidung endet die Zugewinngemeinschaft an dem Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zugestellt worden ist. Die Zugewinngemeinschaft endet ebenfalls, wenn 

  • einer der Ehepartner verstirbt,

  • das Ehepaar in einem notariellen Vertrag einen Wechsel des Güterstandes vereinbart, 

  • das Familiengericht dem Antrag auf vorzeitige Auflösung der Zugewinngemeinschaft eines Ehepartners stattgibt.

Ende der Zugewinngemeinschaft – Frau mittleren Alters schaut nachdenklich.

Welche anderen Güterstände sind in einer Ehe möglich?

Das Gesetz ermöglicht es den Eheleuten, die Zugewinngemeinschaft auszuschließen und andere vermögensrechtliche Beziehungen (Güterstände) zu verabreden. Solche Verabredungen bedürfen, um gültig zu sein, der vorgeschriebenen Form eines notariell beglaubigten Ehevertrages. Wird diese Form eingehalten, können die Ehepartner in einem Ehevertrag

entweder

a) eine Gütertrennung vereinbaren: Dabei stehen die Eheleute vermögensrechtlich einander wie Unverheiratete gegenüber. Ein während der Ehe erwirtschafteter Zugewinn wird bei Tod eines Partners oder im Falle einer Scheidung nicht ausgeglichen.

oder

b) sich auf eine Gütergemeinschaft verständigen: Hierbei werden die Vermögen der Eheleute zu gemeinschaftlichem Vermögen. Was ist der Unterschied zwischen Gütergemeinschaft und Zugewinngemeinschaft? Bei einer Gütergemeinschaft erfolgt im Zuge einer Scheidung kein Zugewinnausgleich – das gemeinschaftliche Vermögen wird hälftig geteilt.

oder

c) eine individuelle Vereinbarungen treffen, beispielsweise eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft (vgl. folgender Abschnitt). Es ist jedoch zu beachten: Bei einseitiger Benachteiligung eines Ehepartners können Eheverträge unwirksam sein.a)

Wie gestaltet sich eine modifizierte Zugewinngemeinschaft?

Der Gesetzgeber sieht für Eheleute die Möglichkeit vor, die gesetzlichen Regelungen der Zugewinngemeinschaft in einem notariell beglaubigten Ehevertrag nach eigenen Wünschen zu modifizieren. In einem solchen Vertrag kann zum Beispiel eine Mischform festgelegt werden zwischen Zugewinngemeinschaft und Gütertrennung. In der Regel wird gewünscht, bestimmte Vermögenswerte wie etwa ein Unternehmen oder Immobilien vom Zugewinn auszunehmen.

Gut zu wissen:

  • Ein ohne Notar geschlossener Ehevertrag ist ungültig.

  • Bei einseitiger Benachteiligung des finanziell oder gesellschaftlich schwächer gestellten Ehepartners können Vereinbarungen als sittenwidrig eingestuft werden und damit ungültig sein.

Wie berechnet sich der Zugewinn bei einer Scheidung?

Endet die Zugewinngemeinschaft mit einer Scheidung, wird für die Berechnung des Zugewinns zwischen dem Anfangsvermögen der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung und ihrem gemeinsamen Endvermögen zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft unterschieden. Mit Vermögen ist das Reinvermögen nach Abzug aller Schulden gemeint. Ein Zugewinn besteht, wenn das gemeinsame Endvermögen größer ist als das Anfangsvermögen.  

Zwei Beispiele:

  • Ein Ehepartner in der Zugewinngemeinschaft war Eigentümer von einem Haus vor der Ehe. Die Immobilie gehört also zu seinem Anfangsvermögen. Hier fließt nur die Wertsteigerung der Immobilie während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft in die Berechnung des Zugewinns ein.

  • Eine Immobilie wird während der Ehe erworben. Sowohl der Wert der Immobilie als auch die Wertsteigerung der Immobilie während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft werden in die Berechnung des Zugewinns einbezogen.

Ausnahmen:

Der Gesetzgeber hat von der obigen Regel (Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen) eine Ausnahme zugelassen: den sogenannten privilegierten Erwerb. Hierzu zählen während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erhaltene 

  • Erbschaften sowie

  • Zuwendungen (Schenkungen) an einen der Ehepartner, die aus einer persönlichen Beziehung des Zuwendungsgebers zu nur diesem einen Ehepartner heraus erfolgten.

Beispiel: Ein Ehepartner erbt während der Ehe von den eigenen Eltern Geld. Diese (wie auch jede andere) Erbschaft wird nicht Teil des Zugewinns, sondern wird dem Anfangsvermögen des Nachlassempfängers zugerechnet.

Schenkungen und Erbschaften, die zum privilegierten Erwerb zählen, werden rechtlich demnach so angesehen, als gehörten sie zum Anfangsvermögen des Begünstigten – sie sind somit vom Zugewinnausgleich ausgenommen (abgesehen von einem etwaigen Vermögenszuwachs während der Ehezeit).

Gut zu wissen:

Schenkungen in einer Zugewinngemeinschaft (beispielsweise eine Geldzuwendung der Eltern eines der Partner), welche der Deckung der laufenden Kosten der Eheleute dienen (etwa der Finanzierung eines Urlaubs) und nicht zur Vermögensbildung des beschenkten Ehepartners gedacht sind, fallen nicht unter die Bestimmungen des privilegierten Erwerbs und fließen in die Berechnung des Zugewinns ein.

Wie berechnet sich der Zugewinn im Falle des Todes eines Ehepartners?

Endet die Zugewinngemeinschaft durch den Tod einer der Ehepartner, wird ein fiktiver Zugewinn angenommen. Dieser wird dadurch ausglichen, indem sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Partners um ein Viertel erhöht. Schlägt der noch lebende Partner der Zugewinngemeinschaft das Erbe aus, kann er oder sie – wie bei einer Scheidung – den Ausgleich des konkreten Zugewinns und zusätzlich seinen Pflichtteil verlangen.

Gut zu wissen:

Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehepartners aus einer anderen Beziehung oder Ehe vorhanden, ist der noch lebende Partner dazu verpflichtet, diesen Abkömmlingen im Bedarfsfall die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem pauschal zusätzlich gewährten Viertel zuzubilligen.

Wie berechnet sich der Nachlass in einer Zugewinngemeinschaft?

Als Erbmasse bezeichnet man das gesamte Nachlassvermögen des Erblassers. Dazu gehören alle Vermögenssachen sowie alle Verpflichtungen, Darlehen und Schulden, die vom Gesamtvermögen abgezogen werden müssen.

Wichtig:

Was gehört zur Erbmasse in einer Zugewinngemeinschaft? Gehörte der Verstorbene einer ehelichen Zugewinngemeinschaft an, fällt nur sein eigenes Vermögen in den Nachlass, nicht aber das Vermögen des Ehepartners. 

Beispiele:

  • Der Erblasser war alleiniger Inhaber eines Bankkontos – das Guthaben fällt somit vollständig in den Nachlass.

  • Der Erblasser war als Alleineigentümer einer Immobilie im Grundbuch eingetragen – die Immobilie zählt vollständig zum Nachlass.

  • Die Ehepartner hatten je hälftiges Miteigentum an einer Immobilie. Hier fällt in den Nachlass des Verstorbenen nur dessen Miteigentumsanteil, also 50 Prozent des Gesamtwerts der Immobilie.

Was bedeutet eine elterliche Zugewinngemeinschaft für das Erbe der Kinder?

Hat ein Ehepaar in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, so erhält der überlebende Partner bei Vorhandensein von Kindern – neben seinem oder ihrem gesetzlichen Erbteil in Höhe von einen Viertel aus dem fiktiven Zugewinnausgleich (siehe Abschnitt „Wie berechnet sich der Zugewinn im Falle des Todes eines Ehepartners?) – zusätzlich ein weiteres Viertel von dem Erbe. Damit beträgt das Erbe des noch lebenden Ehepartners laut Erbrecht die Hälfte des Nachlassvermögens des verstorbenen Partners. Nach der gesetzlichen Erbfolge steht den Kindern die andere Hälfte des nachgelassenen Vermögens zu. Bei zwei Kindern stünde somit jedem Kind ein Viertel des vererbten Vermögens zu.

Fazit

Die meisten Ehen sind Zugewinngemeinschaften – auch wenn dies einem großen Teil der Eheleute nicht bewusst ist. Vor allem wenn ein Haus oder eine Wohnung in eine Ehe eingebracht oder nach Eheschließung gemeinsam erworben wird, ist es ratsam, vorab die Immobilie bewerten zu lassen. Bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Scheidung oder Tod vereinfacht dies die Berechnung des Zugewinnausgleichs und sorgt für Klarheit bei allen Beteiligten.

Wann verjährt der Zugewinnausgleich?

Wie lange Zugewinnausgleich beantragt werden kann, richtet sich nach der gesetzlichen Verjährungsfrist. Gemäß § 195 BGB verjährt der Anspruch in der Regel nach drei Jahren. Beginn der Verjährungsfrist ist dabei das Ende des Jahres, in dem der Anspruch auf Zugewinnausgleich entstanden ist, also zum Beispiel durch die rechtskräftig gewordene Scheidung.

Gut zu wissen:

  • Eine abweichende Frist kann in einer notariell beglaubigten Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbart werden. 

  • In bestimmten Fällen ist eine Unterbrechung der Verjährung möglich, die auch „Hemmung“ genannt wird. Eine solche tritt etwa auf, wenn der Zugewinnausgleich bei Gericht beantragt wird. Ein weiterer Grund ist die Beantragung einer Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Ehepartners vor Bezifferung der Forderung.

  • Wird bis zum Ende der Verjährungsfrist kein Zugewinnausgleich beantragt, verfällt der Zahlungsanspruch.

Gibt es einen negativen Zugewinnausgleich?

Die Ehe als Zugewinngemeinschaft ist vom Gesetzgeber ausdrücklich unter dem Begriff des Zugewinns zu verstehen und nicht als Verlustgemeinschaft. Ein negativer Zugewinnausgleich existiert demnach nicht: Liegt am Ende der Zugewinngemeinschaft kein Zugewinn vor, sondern ein Verlust, ist ein Ausgleich vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Zugewinnausgleich: Wer bezahlt den Gutachter?

Die Formel „Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen“ erscheint sehr einfach. In der individuellen Situation kann es jedoch durchaus kompliziert sein, die genauen Vermögenswerte, etwa von Unternehmen, zu ermitteln.

Grundsätzlich gilt:

  • Jeder Ehepartner ist verpflichtet, dem anderen Auskunft über die Höhe seines oder ihres Endvermögens zu erteilen.

  • Jeder Ehepartner hat das Recht, eine Wertermittlung von Vermögensgegenständen, beispielsweise von Immobilien, von dem anderen Partner zu verlangen.

  • Ist das Verlangen rechtens, ist der andere Ehepartner verpflichtet, die Wertermittlung durch einen Sachverständigen zu dulden. 

  • Die Kosten für den Gutachter trägt derjenige Ehepartner, der die Wertermittlung durch eine sachverständige Person in Auftrag gegeben hat.

Gibt es legale Tricks, um den Zugewinnausgleich möglichst niedrig zu halten?

Vor allem bei Scheidungen fragen sich Betroffene häufig, ob es legale Tricks beim Zugewinnausgleich gibt, um diesen möglichst gering zu halten. Hierbei ist Vorsicht geboten und das Anwenden von Tricks ist grundsätzlich nicht empfehlenswert. Die drei folgenden Informationen sollten Sie beachten:

  • Der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Eine frühzeitige Einreichung des Scheidungsantrags nach dem Trennungsjahr ist eine gute Möglichkeit, den Zeitraum, für den der Zugewinn ermittelt wird, möglichst klein zu halten.

  • Werden neue Vermögenswerte nach dem Stichtag angeschafft, finden sie keine Berücksichtigung bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs.

  • Umfangreiche Zuwendungen an Dritte oder große, überflüssige Geldausgaben im Trennungsjahr gelten als sogenannte illoyale Vermögensminderung. Der Ehepartner, zu dessen Nachteil die Vermögensverschwendung erfolgt, muss diese nicht hinnehmen. Vor Gericht genügt es, wenn schlüssig darlegt wird, dass eine illoyale Vermögensminderung stattgefunden hat. Diese wird dann rechtlich so angesehen, als hätte sie sich nicht ereignet – das verschwendete Vermögen fließt in die Berechnung des Zugewinns ein.

Zugewinnausgleich – wann ist die sofortige Zahlung nicht zumutbar?

Das während der Ehezeit gemeinsam erworbene Vermögen wird am Ende der Ehe geteilt. Das hört sich einfach und gerecht an. Steckt das Vermögen, das geteilt werden soll, allerdings in Unternehmen und Immobilien, kann die Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung in Geldform für den Zahlungspflichtigen unter Umständen problematisch werden. Um das zu verhindern, hat der Gesetzgeber einige Möglichkeiten vorgesehen:

  • Der zur Zahlung des Zugewinnausgleichs verpflichtete Ehepartner kann eine Stundung der Ausgleichsforderung (Ratenzahlung) beantragen, wenn ihm oder ihr die sofortige Zahlung des gesamten Betrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist.

  • Die sofortige Zahlung ist mitunter dann nicht zumutbar, wenn dadurch die Wohn- und Lebensverhältnisse zu Lasten gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder verschlechtert würden.

  • Um den Zugewinnausgleich maßgeblich zu beeinflussen, können scheidungswillige Eheleute noch vor der tatsächlichen Scheidung eine notariell beglaubigte Scheidungsfolgenvereinbarung treffen. In dieser können Sie beispielsweise festlegen, dass der Zugewinnausgleich ganz oder teilweise entfällt. 

  • Möglich ist es auch, eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft in einem notariellen Ehevertrag zu vereinbaren. Auf diese Weise können etwa bestimmte Vermögenswerte aus dem Zugewinn ausgeklammert werden. Ebenso denkbar ist eine Übertragung von Sachwerten anstelle eines monetären Ausgleichs.

Fazit: Klare Verhältnisse erleichtern Zugewinnausgleich

Ob im Falle des Todes eines Ehepartners oder einer Scheidung – in einer emotionalen Ausnahmesituation ist eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung immer schwierig. Möglichst klare finanzielle Verhältnisse erleichtern diesen Prozess ungemein. So ist es zum Beispiel hilfreich, zu Beginn einer Ehe eine eingebrachte Immobilie bewerten zu lassen und gegebenenfalls einen Ehevertrag abzuschließen, in dem wichtige vermögensrechtliche Positionen klar geregelt werden.

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